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09.09.20258 Min. Lesedauer

Welche Mikronährstoffe Kinder wirklich brauchen ‒ und wann Nahrungsergän­zung sinnvoll ist

Lange hieß es Nahrungsergänzungen für Kinder seien überflüssig, da eine ausgewogene Ernährung eine optimale Nährstoffversorgung sicherstellen kann. Doch hält der Realitätscheck dieser Aussage stand? Was zu tun ist, wenn Kinder über einen längeren Zeitraum kaum Gemüse & Co. essen – und was Experten raten.

 
 
 
 
 

Brauchen Kinder Nahrungsergän­zung?

Der Brokkoli bleibt liegen. Schon wieder. Daneben ein angebissener Apfelschnitz, der zu schnell braun geworden ist. Und die Erbsen auf dem Teller? Unberührt. Dafür ist die halbe Packung Reiswaffeln leer, die Cornflakes aus der Tüte heute schon zum dritten Mal im Einsatz.

So sieht es in vielen Familien aus – Tag für Tag. Eltern geben sich Mühe, kaufen buntes Gemüse, kochen ausgewogen und kreativ. Und es gibt sicherlich einige Tricks, um Kindern Gesundes schmackhaft zu machen. Aber trotzdem: Kinder haben ihren eigenen Kopf, ihre Vorlieben. Sie essen, was ihnen schmeckt – und das ist selten das, was Ernährungsexperten empfehlen .

Dabei bräuchte ihr Körper gerade jetzt besonders viele Mikronährstoffe: Vitamine, Spurenelemente, sekundäre Pflanzenstoffe und essentielle Fettsäuren. Denn Kinder wachsen. Ihr Gehirn entwickelt sich in rasantem Tempo. Das Immunsystem ist ständig gefordert. Und genau dafür braucht der Körper tägliche Unterstützung – am besten über eine bunte, vielseitige Ernährung. Doch was, wenn das im Alltag einfach nicht klappt?

 
 

Zwischen Anspruch und Wirklichkeit: Ernährung im Kinderalltag

Die Realität sieht häufig anders aus als in den Ernährungsempfehlungen. Kinder sind beim Essen wählerisch, Banane und Apfel gehen noch, aber oft bleiben Gemüse oder das Schulbrot unangetastet. Fertigprodukte, Snacks und Süßigkeiten sind allgegenwärtig, während Gemüse, Hülsenfrüchte oder Nüsse oft zu kurz kommen. Fast alle Eltern stoßen im Alltag hier an Grenzen – sei es durch Zeitmangel, Stress oder schlicht die fehlende Akzeptanz gesunder Lebensmittel.

Hinzu kommt: Der Bedarf an Mikronährstoffen ist bei Kindern – gemessen am Körpergewicht – besonders hoch. In Phasen schnellen Wachstums steigt er zusätzlich. Wenn dann über längere Zeit bestimmte Nährstoffe fehlen, kann sich das auf Entwicklung, Konzentration, Immunabwehr oder Knochengesundheit auswirken – oft lange, bevor man erste Anzeichen bemerkt.

 
 

Was Studien zeigen: Die Versorgungslage ist oft kritisch

Zahlreiche Erhebungen zeigen, dass viele Kinder in Deutschland nicht optimal mit bestimmten Mikronährstoffen versorgt sind. So wiesen z. B. die Ergebnisse der KiESEL-Studie1 (Kinder-Ernährungsstudie im Säuglings- und Kleinkindalter) von 2024 auf teils erhebliche Lücken hin – vor allem bei Vitamin D (Seefisch), Eisen (Vollkorn, Hülsenfrüchte), Jod (Seefisch, Milchprodukte), Folsäure (grünes Blattgemüse), Magnesium (Vollkorn, Nüsse) und Kupfer (Nüsse).

Besonders deutlich wird es bei Vitamin D: Selbst im Sommer liegt die Versorgung vieler Kinder unterhalb der empfohlenen Richtwerte. Im Winter, wenn die körpereigene Bildung über Sonnenlicht wegfällt, wird die Lücke noch größer. Aber auch bei Jod, das für die Schilddrüsenfunktion essentiell ist, zeigen sich deutliche Lücken in der Versorgung.

 

Was ist „Hidden Hunger“?

Hidden Hunger bedeutet „versteckter Hunger“ – ein Nährstoffmangel, der äußerlich nicht sichtbar ist. Kinder bekommen zwar genug Kalorien, aber zu wenig Vitamine und Spurenelemente. Besonders betroffen sind Eisen, Folsäure, Vitamin D, Jod und Zink.

Das Tückische: Hidden Hunger zeigt sich nicht sofort. Aber auf lange Sicht kann er Wachstum, Immunsystem, Konzentration oder Gehirnentwicklung beeinträchtigen. Deshalb ist eine nährstoffdichte Ernährung gerade im Kindesalter so wichtig – und bei Bedarf eine gezielte Ergänzung sinnvoll.

 
 

Spezielle Herausforde­rungen bei vegetarischer oder veganer Ernährung

Immer mehr Familien entscheiden sich zudem für eine fleischreduzierte, vegetarische oder vegane Ernährung. Das kann viele gesundheitliche Vorteile haben – bringt aber bei Kindern zusätzliche Herausforderungen mit sich: Bestimmte Nährstoffe wie Vitamin B12, Eisen oder Jod sind in pflanzlicher Ernährung entweder nicht enthalten oder schlechter verfügbar. Hier empfehlen Experten gezielt zu supplementieren, um Mangelerscheinungen vorzubeugen.

 
 

Empfehlungen der Fachgesell­schaften: Nahrungs­ergän­zung kann sinnvoll sein

Führende Fachgesellschaften – darunter die DGE (Deutsche Gesellschaft für Ernährung) – betonen, dass in bestimmten Lebensphasen und bei eingeschränkter Ernährung (wie bei Kindern) eine Ergänzung sinnvoll sein kann. Wichtig ist: Diese sollte gut dosiert und nicht als Ersatz, sondern als Unterstützung einer ausgewogenen Ernährung eingesetzt werden.

International ist man in der Praxis mit konkreten Empfehlungen teilweise schon in der Umsetzung, etwa in Schweden wird eine Vitamin-D-Supplementierung für alle Kinder im Vorschulalter empfohlen, wenn diese nicht regelmäßig Fisch essen.

Auch Kinderärzte und Ernährungswissenschaftler sprechen sich inzwischen vermehrt für einen pragmatischen Umgang mit Nahrungsergänzungsmitteln bei Kindern aus – vor allem, wenn diese ausgewogen zusammengestellt, moderat dosiert und wissenschaftlich geprüft sind.

 
 

Was eine gute Ergänzung für Kinder leisten kann

Multinährstoffergänzungen sind als Sicherheitsnetz ein pragmatischer Ansatz, der Eltern nicht nur viel Stress nimmt, sondern Kinder unterstützt, die Zufuhrempfehlungen an wichtigen Mikronährstoffen zu erreichen.

 

Natürlich ist es sinnvoll, sein Kind auch mit Ergänzung zu gesunder Ernährung zu ermutigen. Das gelingt oft sogar leichter, wenn die Basisversorgung Ihres Kindes abgedeckt ist und Gemüse & Co. spielerisch kennenlernen kann, ohne zum Aufessen gedrängt zu werden.

Dunja Rieber
Ernährungswissenschaftlerin

 

Eine hochwertige Mikronährstoffergänzung für Kinder sollte folgende Kriterien erfüllen:

  • Breite Abdeckung: Sie sollte alle wichtigen Vitamine und Spurenelemente enthalten – in einer ausgewogenen Kombination.

  • Altersgerechte Dosierung: Die Mengen müssen auf die Bedürfnisse von Kindern abgestimmt sein, weder zu niedrig noch zu hoch, und ihren Tagesbedarf abdecken.

  • Gute Verträglichkeit: Frei von künstlichen Zusatzstoffen, Farbstoffen, Zucker oder unnötigen Füllstoffen.

  • Einfache Anwendung: In kindgerechter Form als Konzentrat, die sich leicht in den Alltag integrieren lässt.

Eine gute Ergänzung ersetzt keine frische, bunte und vielseitige Ernährung – sie kann aber gezielt dabei helfen, Mikronährstofflücken zu schließen, die sich im turbulenten Alltag kaum vermeiden lassen.

 
 

Der richtige Zeitpunkt: Wann ergänzen?

Gerade im ersten Lebensjahr und in den Jahren danach bis ins Teenageralter gibt es Phasen, in denen die gezielte Zufuhr bestimmter Nährstoffe empfohlen wird. Dazu zählen:

  • Vitamin D: Ab der Geburt (mindestens 400-500 IE/Tag), insbesondere im ersten Winterhalbjahr

  • Vitamin K: In den ersten Lebenswochen zur Unterstützung der Blutgerinnung (U1 bis U3)

  • Jod: Wichtig für die Schilddrüse – besonders bei veganer und vegetarischer Ernährung

  • Folsäure: Essentiell für Zellteilung und Blutbildung – insbesondere im Kleinkind- und Kindesalter. Kann ergänzt werden, wenn die Ernährung der Mutter während der Stillzeit oder die Beikost/Ernährung unzureichend ist.

  • Eisen: Wird insbesondere ab dem 6. Monat kritisch, da die körpereigenen Speicher aufgebraucht sind und Beikost/Ernährung nicht automatisch genug liefert. Empfohlen bei geringer Fleisch/Vollkornaufnahme oder bei vegetarischer/veganer Ernährung.

  • Zink: Relevant für Immunsystem und Zellteilung – kann bei Infektanfälligkeit oder Appetitlosigkeit kritisch sein.

 
 

Fazit: Kleine Unterstützung – großer Unterschied

Eine kindgerechte Mikronährstoffergänzung ist eine sinnvolle Begleitung – besonders ins Lebensphasen mit erhöhtem Bedarf oder bei einseitiger Ernährung. Studien, Empfehlungen von Fachgesellschaften und Erfahrungen aus dem Praxisalltag zeigen: Wenn die Ernährung im Alltag nicht immer ideal ist, kann eine maßvolle Ergänzung dazu beitragen, Kinder langfristig gesund und vital aufwachsen zu lassen.

 
 
  • 1

    Burgard L, et al. Unfavorable nutrient intakes in children up to school entry age: results from the nationwide German KiESEL study. Front Nutr. 2024 Jan 23;10:1302323