Schutzfaktor Mikronährstoffe? Wie Obst die Psyche schützt
Depressionen und Stress nehmen zu – umso wichtiger ist es, alle Bausteine für seelisches Wohlbefinden zu kennen. Einer davon liegt näher, als Sie denken. Zahlreiche Mikronährstoffe in frischem Obst schützen unser Gehirn und helfen, die Stimmung zu stabilisieren. Warum gerade Früchte ein unterschätzter Helfer gegen psychische Belastungen sind und wie Sie mit einfachen Ernährungs-Tipps Ihre Psyche stärken können, lesen Sie hier.
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Inhaltsverzeichnis
Die Vorstellung, dass Ernährung unsere Stimmung beeinflusst, ist nicht neu. Aber erst in den letzten Jahren haben Forschende genauer herausgefunden, welche Mikronährstoffe – also Vitamine, Spurenelemente und sekundäre Pflanzenstoffe – tatsächlich eine direkte Rolle für die psychische Gesundheit spielen. Und sie zeigen: Gesunde Ernährung ist ein unterschätzter Helfer.
Denn unser Gehirn braucht mehr als nur Zucker oder Kalorien – es braucht gezielte Baustoffe und Schutzfaktoren, um in Balance zu bleiben. Fehlen diese, kann das langfristig das Risiko für Depressionen, Angstzustände oder chronischen Stress erhöhen.
Depressionen sind keine Seltenheit
Lustlosigkeit, allgemeiner Leistungsabfall, innere Unruhe, körperliche Beschwerden, Appetitverlust und Schlafstörungen – Depressionen und depressive Störungen treten in vielfältigen Erscheinungsformen auf. Dennoch zählen sie noch immer zu den am meisten unterschätzten Erkrankungen. Schätzungsweise leiden weltweit rund 350 Millionen Menschen darunter. In Deutschland ist das Vorkommen von Depressionen mit einem Anteil von 9,2 Prozent sogar etwas höher als der europäische Durchschnitt (6,6 Prozent), wie die Ergebnisse des European Health Interview Surveys (EHIS) zeigen. Besonders im Winter spüren viele eine saisonale depressive Verstimmung. Doch wie kommt es dazu?
Glückshormone brauchen Nährstoffe
Krisen, Verluste, Dauerstress, eine schwierige Kindheit und selbst eine genetische Veranlagung können einen Mangel an chemischen Botenstoffen – den Neurotransmittern – im Gehirn auslösen. Diese Neurotransmitter, wie z. B. die „Glückshormone“ Serotonin und Dopamin, sind an der Weiterleitung von Nervenimpulsen beteiligt. Fehlt es jedoch an Nährstoffen (z. B. Tryptophan, Mikronährstoffe), kann der Körper nicht mehr ausreichend Neurotransmitter herstellen, was zu einem psychischen Ungleichgewicht führen kann. Eine Ernährung mit gesunden Lebensmitteln kann diese Nährstoffe liefern und damit auch die Biochemie im Gehirn positiv beeinflussen, wie eine neue Langzeitstudie zeigt.
Neue Langzeitstudie: Obstkonsum schützt vor Depressionen im Alter
In der Singapore Chinese Health Study1 mit knapp 14.000 Teilnehmern zwischen 45 und 75 Jahren wurden die Effekte von Obst- und Gemüsekonsum auf die Entstehung von Depressionen untersucht. Hierfür wurde ihr Obstkonsum in den Jahren 1993 bis 1998 untersucht und knapp 20 Jahre später ihre mentale Gesundheit beurteilt.
Ihre Ergebnisse:
23 Prozent der Teilnehmer zeigten nach den 20 Jahren depressive Symptome. Unter den Teilnehmern, die ausreichend Obst gegessen hatten, war der Anteil um fast ein Drittel (29 Prozent) geringer.
Vor allem der Konsum von Orange, Mandarine, Banane, Papaya und Wassermelone hatte die Wahrscheinlichkeit, an Depressionen zu erkranken, laut Forschern senken können.
Je mehr unterschiedliche Obstsorten gegessen wurden, desto geringer war auch hier das Risiko. Hoher Gemüsekonsum zeigte keine signifikanten Auswirkungen.
Ausreichender Obstkonsum schon in der Lebensmitte scheint eine einfache präventive Maßnahme gegen Depressionen im Alter zu sein.
Ist Obst damit gesünder als Gemüse?
Während die Effekte eines ausreichenden Obstkonsums überraschend groß waren, so scheint es zu verwundern, dass beim Gemüse keine großen Effekte beobachtet werden konnten. Die Forscher erklären, dass Früchte allgemein einen hohen Gehalt an Antioxidantien und antiinflammatorischen Mikronährstoffen, wie Vitamin C und Flavonoide, enthält, die oxidativen Stress reduzieren und entzündliche Prozesse im Körper verringern können – beides Prozesse, die mit der Entstehung von Depressionen in Verbindung gebracht werden. Auch Gemüse enthält natürlich diese Mikronährstoffe, wird aber im Vergleich zu Obst selten roh verzehrt. Durch das Kochen werden einige Mikronährstoffe, vor allem Vitamin C und B-Vitamine, zerstört oder ins Wasser herausgeschwemmt. Andere werden in ihrer Bioverfügbarkeit, d. h. ihrer Fähigkeit zur Aufnahme in den Körper, verändert, etwa wertvolle Senfölglykoside aus Kohl. Beim Erhitzen wird deren Enzym Myrosinase zerstört, das die Umwandlung in die aktive Form antreibt.
Was bedeutet das für uns?
Antientzündliche Komponenten und Antioxidantien aus unseren Lebensmitteln, wie Vitamin C, Vitamin E und Co., scheinen Prozesse zu mindern, die zur Entstehung von Depressionen beitragen.
Viele dieser protektiven Vitamine sind hitzeempfindlich – daher sollten mikronährstoffreiche Lebensmittel öfter mal roh verzehrt oder nur schonend zubereitet werden.
Öfter mal roh: Welches Gemüse kann man roh essen?
Mindestens drei Portionen Gemüse werden täglich empfohlen – die Hälfte davon sollte roh verzehrt werden. Doch welche Gemüsesorten kann man neben Salaten, Gurken, Paprika und Tomaten roh essen?
Zucchini, z. B. fein geraspelt oder in dünne Streifen geschnitten
Brokkoli (nur die Röschen), schmeckt lecker in Salaten mit Balsamico-Dressing mit Honig
Blumenkohl und Rotkohl, auch hier lohnt sich ein leckeres, süßliches Dressing
Rosenkohl, z. B. hobeln und gut würzen
Grünkohl, z. B. im Salat oder als Pesto
Kohlrabi, z. B. in einem Rohkostsalat
Karotten, roh oder auch kurz in Öl erhitzen, um das Beta-Carotin besser verfügbar zu machen
Rote Bete, hauchfein aufgeschnitten mit etwas Olivenöl, Zitronensaft, Salz und Pfeffer
Fenchel, z. B. im Salat, Smoothie oder als Rohkostbeilage
Knoblauch, in Dips, Aufstrichen und Salaten oder mit Olivenöl zu Rohkost
Zwiebel
SMILES-Studie: Ernährung als Therapie bei Depressionen
Eine weitere umfassende Studie2, die den Zusammenhang zwischen Psyche und Ernährung untersucht hat, ist die SMILES-Studie (2017) von Felice Jacka. In dieser wurden depressive Patienten in zwei Gruppen eingeteilt: Eine Gruppe erhielt eine gezielte Ernährungsberatung mit mediterraner, nährstoffreicher Kost – viel Obst, Gemüse, Vollkorn und gesunde Fette. Die Kontrollgruppe bekam soziale Unterstützung, aber keine Ernährungsumstellung.
Ihr Ergebnis: Nach 12 Wochen verbesserte sich der psychische Zustand der Ernährungsgruppe deutlich stärker als der der Kontrollgruppe. Teilweise gingen ihre psychische Verstimmung komplett zurück.
Die Studie verdeutlicht: Gesunde Ernährung kann nicht nur vorbeugen, sondern auch aktiv bei der Behandlung von Depressionen unterstützen – ein starkes Argument für die Schutzwirkung von Mikronährstoffen und Obst für die Psyche.
Bereits nachgewiesen: Diese Mikronährstoffe unterstützen die Psyche
Biotin
Folsäure
Niacin
Vitamin B1
Vitamin B6
Vitamin B12
Vitamin C
Fazit:
Unsere mentale Gesundheit hängt eng mit einer ausgewogenen Versorgung an Mikronährstoffen zusammen – und Obst und Gemüse spielen dabei eine entscheidende Rolle. Da viele dieser Vitamine und Pflanzenstoffe hitzeempfindlich sind, lohnt es sich, Obst und Gemüse möglichst roh oder schonend zuzubereiten. So können wir mit einer bewussten Ernährung aktiv zu mehr mentaler Gesundheit und Wohlbefinden beitragen.
- 1)
Huiqi Li, et al.: Association between consumption of fruits and vegetables in midlife and depressive symptoms in late life: the Singapore Chinese Health Study, The Journal of nutrition, health and aging, Volume 28, Issue 6, 2024
2)Jacka FN et al., BMC Medicine, 2017